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Der Schlüssel für die lernende Organisation (Teil 7)

Lesedauer: 13 Minuten

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In Unternehmen bedingen die fachgebundenen Werte, die aus verschiedenen Abteilungen eingebracht werden, einander und ergänzen sich, wodurch das Unternehmen erfolgreich ist. Will man diese Unterschiede gezielt in einer lernenden Organisation nutzen, erfordert dies eine diffizilere Herangehensweise bei der Umsetzung. Im folgenden werden daher Gesichtspunkte der fünf Disziplinen mit dem Bezug auf die Kommunikation dargelegt.

Die ungenutzten Potentiale der Kommunikation

In heutigen Unternehmen herrscht bereits ein hohes Kommunikationsaufkommen. Viele Führungskräfte beklagen sich über Kommunikationsstress in Meetings und den täglichen E-Mailverkehr. Dadurch stellt sich das Gefühl ein, dass keine Zeit für die eigentliche Arbeit bleibt. Eine sinnvoll vernetzte und regelmäßige Kommunikation über die Teamgrenzen hinweg ist eine Schlüsselfunktion im Hinblick auf die Steuerung und Entwicklung eines Unternehmens. Sobald in einer Organisation eine Veränderung ansteht, steigt der Kommunikationsbedarf enorm an. Da das normale Tagesgeschäft zusätzlich zu den gewollten Veränderungen störungsfrei weiterlaufen muss, ist eine präzise und koordinierte Aufnahme und Weitergabe der Informationen unabdingbar für den Erfolg des Organisationswandels . In den fünf Disziplinen von Senge , die als Kochbuch für eine lernende Organisation gelten, ist die Kommunikation als ausschlaggebend beschrieben. In der Disziplin »Personal Mastery« ist vor allem die Richtung der Kommunikation, die Informationsbeschaffung sowie die Organisation der eigenen Kommunikation wichtig. Die Disziplin »Mental Models« reflektiert die vorhandenen Informationen und somit die Kommunikation als Sender, aber auch als Empfänger von Botschaften. Die »Gemeinsame Vision« ist nur möglich, wenn diese Vision über kommunikative Wege den Empfängern der Organisation übermittelt werden. Eine kommunikative Herausforderung besteht in der Disziplin »Team-Lernen« durch die sehr engen Beziehungen zu den Mitgliedern des Teams untereinander, aber auch der teamübergreifenden Kommunikation. Die fünfte Disziplin »Systemdenken« verlangt eine Veränderung der Kommunikation hin zu einer Sprache, mit der man die Kräfte und Wechselbeziehungen, die das Verhalten des Systems steuern, begreifen und beschreiben kann .

Ein Manko in den Fachliteraturen, die den Weg hin zu einer lernenden Organisation aufzeigen, ist jedoch die Pauschalisierung der Kommunikation. Es werden Kochrezepte angeboten, die den Blick nur auf wenige Hierarchieebenen richten und die Kultur und die Werte der einzelnen Teams und Gruppen fast vollständig außer Acht lassen. In den einzelnen Teams wird versucht, die Unternehmensveränderung anhand von angepassten Beispielen aus der Literatur umzusetzen. In Produktions-, Entwicklungs-, Bilanzierungs-, Einkauf- und Verkaufsteams sowie in vielen anderen Bereichen eines Unternehmens, findet diese Unternehmensveränderung nach dem gleichen Schema statt. Es wird schlichtweg nicht beachtet, dass in diesen Teams Berufsgruppen vorhanden sind, die ihre eigene Kultur aufweisen, die stärker verankert sein kann als die Kultur und die Werte des Unternehmens . Van Maanen und Barley definieren diese Subkulturen folgendermaßen:

“We shall define an organizational subculture as a subset of an organization´s members who interact regularly with one another, identify themselves as a distinct group within the organization, share a set of problems commonly defined to be the problem of all, and routinely take action on the basis of collective understandings unique to the group.”

Ein Kommunikations- und Führungsstil, welcher die Werte der eigenen Mitarbeiter zuerst wahrnimmt und gemeinsam nach Möglichkeiten sucht, die Werte der Mitarbeiter mit den Werten des Unternehmens zu verknüpfen, ist eine psychologische Herausforderung, die vollkommen außer Acht gelassen wird. Ein Scheitern der lernenden Organisation ist aufgrund der ungeschulten Kommunikation zwischen Führungskräften, welche die Veränderung durchsetzen sollen und den Mitgliedern der Subkulturen der Organisation möglich, wenn nicht sogar vorprogrammiert.

Die Subkulturen in der Unternehmenskultur

Die Existenz von Berufsgruppen oder Subkulturen in einer Organisation lässt sich mit den Klischees, die für Berufsgruppen gelten, veranschaulichen. So sind das karierte Hemd für einen Ingenieur, das rosa Hemd mit aufgestellten Kragen für einen Betriebswirtschaftler oder das andauernde ‚recht haben wollen‘ eines Juristen gängige Klischees, die nicht immer richtig und eher mit einem Augenzwinkern zu sehen sind. Sie zeigen jedoch subjektiv die Existenz von Verhaltensweisen in Subkulturen in Unternehmen. Greifbarer als Klischees sind jedoch die Primär- und Sekundärdimensionen die von Loden und Rosener für das Diversity Management aufgestellt wurden. Diversity kann im Allgemeinen verstanden werden als die Gemeinsamkeiten und Unterschiede, welche die Individualität eines Menschen ausmachen. Als Primär- und Sekundärdimensionen, die Unterschiede in den Verhaltensweisen und Werten bei den Mitgliedern einer Organisation hervorrufen können, gelten nach Loden und Rosener:

Primärdimensionen:

  • Alter
  • Ethnische Herkunft
  • Geschlecht
  • Mentale und physische Fähigkeiten
  • Rasse
  • Sexuelle Orientierung

Sekundärdimensionen:

  • Ausbildung
  • Geographische Lage
  • Einkommen
  • Familienstand
  • Militärische Erfahrung
  • Elternstatus
  • Religion
  • Berufserfahrung

Innerhalb einer jeden Organisation herrscht eine Kommunikation über alle Gruppen und Subkulturen hinweg, die sowohl mit Klischees als auch den Punkten des Diversity Managements vor Herausforderungen in der Kommunikation stehen. In jeder Subkultur herrschen, zusätzlich zu den Werten des Unternehmens, eigene Werte, die sich durch die Punkte des Diversity Managements noch weiter aufspreizen. Ein Konflikt des Organisationsmitglieds zwischen den Individualwerten und den Unternehmenswerten ist häufig unvermeidbar. So liegt die Priorität eines frisch gewordenen Vaters oder einer Mutter nicht bei der Einhaltung von Unternehmenswerten wie z. B. Pünktlichkeit, sondern eher bei dem Wohlergehen des Neugeborenen. In diesem Fall können die Werte des Vaters oder der Mutter im Bezug zum Unternehmen nur temporär für einige Monate bis Jahre auseinander gehen. Anders, wenn die Unternehmenswerte nicht den Werten der individuellen Religion oder denen der jeweiligen ethnischen Herkunft entsprechen. Hier kann eine dauerhafte Diskrepanz auftreten, die in der Kommunikation bei der Einführung einer lernenden Organisation berücksichtigt werden muss. Leider gibt die Literatur zu dieser Problematik keinen Hinweis. Sie nimmt ferner an, dass bereits Kommunikationsprofis, die das Wissen zur lernenden Organisation vermitteln, vorhanden sind und es problemlos gelingt, alle Angehörigen der Organisation mit gemeinsamen Werten zu vereinen.

Werte-Level beeinflussen die Kommunikation

Ebenfalls wird nicht beachtet, dass die Kommunikation zwischen den Abteilungen und Berufsgruppen, aber auch innerhalb der Subkulturen, ein Augenmerk auf die individuellen Werte des Einzelnen legen muss. Nach dem Graves Modell gibt es unterschiedliche Wertelevels, die in einem persönlichen Entwicklungsprozess durchlaufen werden . Wenn Mitglieder einer Organisation einen unterschiedlichen Wertelevel aufweisen, ist eine Kommunikation zwischen Organisationsmitgliedern von grundlegend verschiedenen Werten und Annahmen geprägt. Ein Verständnis für eine Organisationsveränderung, die von einem Organisationsmitglied, dass sich in einem „Wir-Level“ befindet, gefordert wird, kann von einem Organisationsmitglied in einem „Ich-Level“ aufgrund der unterschiedlichen Werte zu Unverständnis und zu einer Blockadehaltung führen. Der gewünschte, einfache Weg, die einzelnen Mitarbeiter und Berufsgruppen zunächst auf ein gemeinsames Wertelevel anzuheben und in einem zweiten Schritt die Wertelevel an die des Unternehmens anzupassen, ist eine Herausforderung an die Führungskraft, die ein hohes Einfühlungsvermögen abverlangt.

Das eine gute Kommunikation innerhalb eines Unternehmens oder einer Organisation förderlich und notwendig ist, ist in der Unternehmenswelt keine neue Weisheit. Klaus Doppler drückt dies leicht poetisch aber treffend für ein Unternehmen aus:

„Sein Wohl und Wehe hängt davon ab, ob die Informationen aus dem Umfeld präzise genug aufgenommen werden, intern rasch weitergeleitet und richtig verarbeitet werden.“

Wie Doppler weiter ausführt, ist die Kommunikation im normalen Tagesgeschäft oftmals schon eine Herausforderung. Wird zusätzlich ein Veränderungsprozess in einer Organisation durchgeführt, muss dieser parallel zum störungsfreien Tagesgeschäft umgesetzt werden. Die sorgfältige Abstimmung der Prozesse ist nur möglich, wenn alle Beteiligten genau wissen, was wann, warum zu geschehen hat (Doppler, 2008, S. 368). Der Manager oder die Führungskraft ist darauf angewiesen, dass alle oder zumindest ein Großteil der Beteiligten, den Veränderungsprozess mittragen. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Information des Veränderungsprozesses zusätzlich zur Kommunikation im Tagesgeschäft lückenlos erfolgt.

 

Menschentypen in Veränderungsprozessen

Häufig werden neue Ideen und somit Veränderungsprozesse nicht sofort von allen Mitgliedern einer Organisation übernommen. Vielmehr sind einige eher bereit, sich Veränderungen zu stellen als andere, wodurch die Steuerung der Veränderung erschwert wird. Mit seiner „Diffusion of Innovations“ Theory hat Everett M. Rogers Innovationen und Veränderungen analysiert und definierte fünf Gruppen von Menschen, mit unterschiedlicher Affinität zu Neuem:

  • Innovators (2,5 %)
  • Early Adaptors (13,5 %)
  • Early Majority (34 %)
  • Late Majority (34 %)
  • Leggards (16 %)

Die »Innovators« (Innovatoren) stellen mit 2,5 Prozent die kleinste Gruppe dar, die Veränderungen und neue Ideen befürworten. Für Innovatoren ist die Risikobereitschaft und das Interesse an Neuem geradezu eine Obsession. Sie verstehen sehr schnell komplexe (technische und organisatorische) Prozesse und erkennen deren Nutzen. Waghalsige und riskante Ideen umzusetzen ist für einen Innovator Alltag. Dabei ist er auch bereit, gelegentlich einen Rückschlag zu akzeptieren. Obwohl die Gruppe der Innovatoren sehr klein ist, spielen diese eine wichtige Rolle in der Verbreitung der Ideen über die System- und Abteilungsgrenzen hinaus .

»Early Adaptors« (frühe Anwender) sind ein gut integrierter Bestandteil einer Organisation oder eines Kulturkreises. Obwohl sie nicht die größte Gruppe darstellen, haben sie eine Meinung über neue Ideen, die von anderen stark respektiert wird. Der frühe Anwender wird von anderen Gruppen als die Person angesehen, welche die Ideen, Innovationen und Veränderungen überprüft, bevor diese akzeptabel sind. Frühe Anwender helfen in Veränderungsprozessen die kritische Masse auszulösen, welche den Organisationswandel zum Erfolg führen. In zentralen Positionen eines Kommunikationsnetzwerks können die frühen Anwender die Ungewissheit über eine Veränderung reduzieren, indem sie eine subjektive Bewertung dieser abgeben (Rogers, 1983, S. 241–270).

Die »Early Majority« (frühe Mehrheit) übernimmt kurz vor dem durchschnittlichen Mitglied einer Organisation neue Ideen. Sie interagiert oft und häufig mit den Kollegen, hält jedoch selten die Position einer Meinungsführerschaft in einer Organisation. Die Lage der frühen Mehrheit zwischen den frühen Anwendern und der späten Mehrheit macht sie zum Bindeglied im Diffusionsprozess einer Veränderung. Sie sorgen für eine Vernetzung der Ideen in den zwischenmenschlichen Netzwerken. Dabei kann es vorkommen, dass die frühe Mehrheit durchaus zögert, bevor sie eine neue Idee vollständig übernimmt. Sie folgen mit einer bewussten Bereitschaft, Innovationen anzunehmen. Jedoch sind Mitglieder der Early Majority selten in der Führungsrolle bei Veränderungsprozessen .

Gleich nach der frühen Mehrheit nimmt die »Late Majority« (späte Mehrheit) Veränderungen und Ideen an. Wie die frühe Mehrheit nimmt die späte Mehrheit ca. ein Drittel der Mitglieder einer Organisation oder Kulturgruppe ein. Die Adaption der Ideen und der Veränderungen, kann sowohl als Reaktion auf eine wirtschaftliche Notwendigkeit oder durch den erhöhten Druck der Kollegen erfolgen. Innovationen und Veränderungen werden von der späten Mehrheit mit einer skeptischen und vorsichtigen Haltung beobachtet und erst angenommen, wenn die große Mehrheit einer Gruppe die Veränderungen bereits angenommen hat .

Mit 16 Prozent stellen die »Leggards« (Nachzügler) noch einen beachtlichen Teil der Mitglieder einer Organisation dar. Der Bezugspunkt für die Nachzügler ist die Vergangenheit. Daher werden Entscheidungen nicht selten auf Basis dessen getroffen, was zuvor bereits oft getan wurde. Nachzügler interagieren zumeist mit anderen Personen, die ebenfalls über relativ traditionelle Werte verfügen. Ihr Misstrauen gegenüber Innovationen und Veränderungen wird durch einen langen Entscheidungsprozess begleitet. Nicht selten nehmen die Nachzügler Veränderungen nur widerwillig an .

Der Umgang mit den Menschentypen bei Veränderungsprozessen

Die individuelle und kommunikative Betreuung in Bezug auf die Werte dieser von Rogers benannten Gruppen, wird in den Konzepten der lernenden Organisation nur spärlich durchgeführt. Die Schaffung eines Gefühls der Begeisterung kann für die Gruppe der Innovators noch einfach zu realisieren sein. Bereits bei den Early Adaptors ist es jedoch notwendig, das Wertelevel der Beschäftigten zu berücksichtigen. Ist der Early Adaptor in einem Ich-bezogenen Wertelevel, müssen bei der Implementierung von Ideen und Konzepten einer lernenden Organisation, deutlich die Vorteile für den Einzelnen hervorgehoben werden. Befindet sich dieser jedoch in einem Wir-bezogenen Wertelevel, reagiert der Early Adaptor eher auf die Hervorhebung von Vorteilen einer Idee oder Veränderung, die einen Gewinn für die Gemeinschaft darstellt. Ebenso, jedoch mit einem größeren Aufwand, muss die Early Majority, die Late Majority und die Gruppe der Leggards nach den individuellen Wertelevel analysiert und dementsprechend die Vorteile der Idee einer lernenden Organisation dem Einzelnen nahegebracht werden.

Führungskräfte, die angewiesen sind den Weg für eine lernende Organisation zu bereiten, benötigen für eine solch komplexe Kommunikation bei der nachhaltigen Einführung einer lernenden Organisation schon fast eine psychologische Ausbildung. Das Erkennen von Innovators und Early Adaptors fällt einer Führungskraft mit großer Sicherheit rasch auf, jedoch die Förderung dieser und vor allem das Begeistern der Early Majority und der Late Majority im Kontext des jeweiligen Wertelevels ist eine Aufgabe, die schwerfällt. Vor allem wenn eine Führungskraft die Veränderung neben dem Tagesgeschäft managen soll, kann eine psychologisch orientierte Kommunikation auf der Strecke bleiben.

Sind Führungskräfte und Unternehmen auf die unterschiedlichen Menschentypen vorbereitet?

Viele Führungskräfte erreichen Ihre Position über die Anhäufung von Fachwissen und herausragenden Leistungen in der täglichen Arbeit oder in Projekten. Eine Führungskraft, die ein Leadership betreiben will, also nicht nur Befehle erteilen, sondern Mitarbeiter motivieren und auf diese eingehen will, braucht häufig mehr als Fachwissen über technische Abläufe oder Prozesse. Die richtige Kommunikation mit den Untergebenen ist nicht jeder Führungskraft in die Wiege gelegt und muss häufig erlernt werden. Das Lernen dieser psychologischen und kommunikativen Grundvoraussetzungen kann helfen, die großen Hindernisse bei der Einführung von Strukturen der lernenden Organisation zu überwinden.

Viele Unternehmen sind jedoch so groß, dass in ihnen die Koordination der Zusammenarbeit nicht mehr durch Absprache und direkter Kommunikation erfolgen kann. Eine zunehmende Formalisierung der Abläufe und der Kommunikation ist abteilungsübergreifend notwendig, um eine geordnete Kommunikation zu gewährleisten. Trotz unterschiedlichster Medien in modernen Unternehmen ist das wichtigste Mittel der Formalisierung zwischen den Inhabern verschiedener Positionen, die schriftliche Kommunikation zwischen den einzelnen Arbeitsgruppen und Abteilungen. Mit dieser dauerhaften und recherchierbaren Kommunikationsform werden jedoch die Führungskräfte leicht austauschbar, da formale Kommunikationsmedien jederzeit für die entsprechenden Arbeitsabläufe herangezogen werden können . Im extremfall kann argumentiert werden, dass die Führungskraft entfällt zugunsten der Selbstführung des einzelnen Mitarbeiters.

 

Selbstführung als Element der lernenden Organisation?

Die Selbstführungsdisziplin »Personal Mastery« benötigt einen Austausch von Informationen, damit der Einzelne sich selbst organisieren und somit führen kann. Wenn die Selbstführung zum notwendigen Mittel zur Realisierung der Betriebsabläufe wird, steigt auch das Bedürfnis der Informationsbeschaffung innerhalb einer Organisation. Menschen sind dabei auf andere Menschen angewiesen um dieses Informationsbeschaffungsbedürfnis zu befriedigen und stimmen Ihr Verhalten entsprechend ab, um eine Bedürfnisbefriedigung zu erreichen . Die notwendige Informationsbeschaffung für eine Selbstorganisation ist stark abhängig von der Interaktion und Kommunikation mit weiteren Organisationsmitgliedern. Wird eine Information jedoch von mehreren Personen benötigt, so ist die Wahl des Kommunikationsmittels entscheidend. Informationsabgabe, die mündlich oder per Aushang erfolgt, muss wiederholt werden, wenn die Organisation ein neues Mitglied erhält. Wiederholt sich die Situation, in der die spezifische Information benötigt wird, muss diese erneut angefordert werden.

Diese wiederkehrende Weitergabe von Informationen trifft oftmals nur wenige Mitglieder der Organisation. Befinden sich diese Organisationsmitglieder in einem Wir-bezogenen Wertelevel, der im besten Fall die soziale Struktur der Organisation fördert, wird diese Information oft und bereitwillig weitergegeben. Organisationsmitglieder in einem Ich-bezogenen Wertelevel können sich bei einer häufig wiederkehrenden Informationsweitergabe jedoch gestresst fühlen, was zu einer Verweigerung der Information führen kann. Die Information kann im schlimmsten Fall verloren gehen, wodurch das System der Selbstführung zu scheitern droht.

Eine Möglichkeit dieses Scheitern zu vermeiden, ist eine Bereitstellung der Information in einem durchsuchbaren Informationssystem. Die Informationsbeschaffung des Organisationsmitglieds wird somit unabhängig vom Willen der Informationsweitergabe anderer. Ob eine Einführung einer solchen unpersönlichen Art der Informationsbeschaffung die sozialen Kompetenzen, welche unter anderem im Teamlernen der lernenden Organisation benötigt werden, fördert, bleibt fraglich.

Informationsweitergabe als Erfolgsfaktor

Wird der Erfolg einer Organisation anhand der internen Kommunikation gemessen, so zeigen Untersuchungen von Trevino, Daft und Lengel , dass erfolgreiche Manager bei der Wahl der geeigneten Kommunikationskanäle der Informationsweitergabe angemessenere Kanäle nutzen als weniger erfolgreiche Manager. Die für eine Selbstorganisation benötigten Informationen können dementsprechend besser von einem geschulten Manager bzw. einer geschulten Führungskraft bereitgestellt werden. Daher ist ein Vorteil der Informationsweitergabe durch einen von der Führungskraft gewählten Kanal, die individuell angepasste Wahl des Informationskanals. Dieser kann auf die jeweiligen Bedürfnisse, Werte und Vorkenntnisse des Mitarbeiters abgestimmt sein. Die sicherste Kommunikationsquelle für Informationen kommt somit ironischerweise von einer Führungskraft, wodurch das Prinzip der Selbstführung teilweise ad absurdum geführt wird. Fairerweise muss erwähnt werden, dass durch das soziale System innerhalb einer Organisation Informationen zumeist mittels alternativer Wege, als der Weg über die Führungskraft, erlangt werden. Daher ist das Prinzip der Selbstführung für viele dennoch umsetzbar. Jedoch sind in Organisationen auch Quertreiber zu finden, welche Informationen nicht oder in unpassender Weise weitergeben. In diesen Fällen ist eine Führungskraft für die Informationssteuerung unabdingbar.

Die Arten von Kommunikationskanälen

Die Weitergabe und die Steuerung von Informationen, die für die täglichen Aufgaben benötigt werden, aber auch für einen Veränderungsprozess unabdingbar sind, können über schriftliche oder mündliche Kanäle erfolgen. Vor allem in der direkten mündlichen Kommunikation ist die nonverbale Kommunikation häufig für eine Verzerrung der Information verantwortlich. Die nonverbale Kommunikation kann durch Mimik, Gestik, Körperhaltung und durch Modulation der Stimme den Sinn der Informationen beeinflussen. Sie ist oft unterbewusst für die richtige oder falsche Interpretation von Informationen verantwortlich. Trotz dieser Problematik wird die mündliche Kommunikation als eine wichtige Kommunikationsart angesehen. Vorteil der mündlichen Kommunikation ist dabei die Geschwindigkeit und das direkte verbale oder nonverbale Feedback, welches dazu führt, dass der Informationssender sich präzisieren kann. In der schriftlichen Kommunikation hingegen, werden in Organisationen Briefe, E-Mail, Messenger, Firmenzeitschriften, schwarze Bretter oder interne Webseiten verwendet, die zwar eine breite Masse schnell erreichen können, jedoch nur ein verzögertes Feedback an den Informationssender geben .

Da in Unternehmen eine individuelle, mündliche Kommunikation an den Einzelnen, einen zeitaufwendigen und somit teuren Prozess darstellt, erfreut sich ein Verlagern der Kommunikation auf schriftliche und virtuelle Medien für Arbeitspakete und auch für die Veränderungssteuerung in Organisationen einer steigenden Beliebtheit. Nebenwirkungen dieser virtuellen Kommunikation können jedoch negative Phänomene wie Technostress und Reizüberflutung sein .

Die richtige Wahl der Kommunikation erfordert, vor allem für die Einführung einer Veränderung, Fingerspitzengefühl. Eine Weigerung zur Kommunikation ist jedoch nicht möglich, wie Watzlawick „Man kann nicht nicht kommunizieren“ in seinem Axiom feststellt. Alle Handlungen, die wir vollziehen, stellen bereits eine Kommunikation dar. Eine falsche, nonverbale oder ungünstige Kommunikation kann bereits das Wertegefühl eines Einzelnen verletzen. Wiederholt sich diese ungünstige Kommunikation, kann sich dieses verletzte Gefühl steigern, bis sich das Organisationsmitglied gegen Argumente für eine Veränderung verweigert.

Innerhalb der Disziplinen der lernenden Organisation wird kaum eine behutsame, werteorientierte Kommunikation behandelt. Diese sollte jedoch von psychologisch geschulten Führungskräften und Managern eingesetzt werden. Verschiedene Typen von Mitarbeitern müssen unterschiedlich behandelt werden. Verschiedene Werte von Mitarbeitern, die sich zwar im Großen und Ganzen an die Vorgaben der Organisation halten, müssen bei der Einführung von Veränderungen stärker beachtet werden, um nicht nur die Innovators und Early Adaptors für das Veränderungsprojekt zu gewinnen, sondern alle Mitglieder der Organisationskultur und deren Subkulturen. Das Beibehalten einer Führungskraft, auch mit zunehmender Selbstführung in Organisationen, scheint unabdingbar. Nicht nur um die Informationssteuerung zu gewährleisten, sondern auch um Mitarbeiter der unterschiedlichen Wertelevel zusammenzuführen.

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